Ort: Literaturhaus Salzburg
Lesungen & Gespräch (russisch/deutsch)
Veranstalter: prolit
Es beginnt / aber nicht damit
„Es beginnt der Tag“ – damit setzt jedes der 209 Gedichte in Anja Utlers Buch ein, das den Untertitel „Trauerrefrain“ trägt. Es bildet ein Nachdenken, ein Nachspüren ab, in dessen Fokus das Gefühl der Trauer steht – der Trauer als dem prägenden Gefühl einer Gegenwart, in der man sich in zunehmender Schärfe des Verlusts bewusst wird: des Verlusts von Arten, des Verlusts des Glaubens an Veränderung, des Verlusts der Bewohnbarkeit von Welt. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist Auslöser dieses Trauerprozesses, den der Band als poetische Resonanz auf Leid und Zerstörung nachvollzieht.
„aber nicht damit“ heißt der – von Anja Utler übersetzte – Band des lettischen Lyrikers Semjon Hanin. Die Gedichte führen in unbekanntes Terrain, in Randzonen, in denen der Autor auf seltsame Figuren trifft: hier kommen verschrobene, liebenswürdig entrückte Gestalten zu Wort, die nicht in unsere rationale Welt passen wollen. Zunehmend aber entsteht der Eindruck, dass in dem, was wir für Normalität halten, die eigentliche Groteske liegt. So verdreht und verrückt Semjon Hanin unseren Begriff von Wirklichkeit auf kluge und hintergründig gewitzte Weise.
Anja Utler, geb. 1973 in Schwandorf (D), lebt in Leipzig als Dichterin, Übersetzerin und Essayistin. Ihre Werke wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Ernst Jandl Preis für Lyrik (2023). Anja Utler arbeitet mit Text als Schrift und Klang. „Es beginnt. Trauerrefrain“ ist in der Edition Korrespondenzen erschienen.
Semjon Hanin, geb. 1970 in Riga, ist ein auf Russisch schreibender lettischer Dichter und Performance-Künstler. Übersetzer lettischer Literatur ins Russische. Mitbegründer der Gruppe "Orbita", einer multimedial agierenden Gruppe russischsprachiger Künstler aus Lettland, die national wie international Aufmerksamkeit findet. „aber nicht damit“ ist in der Übersetzung von Anja Utler in der Edition Korrespondenzen erschienen.