Ort: Literaturhaus Salzburg
Lesungen & Gespräch
Veranstalter: prolit
MV: Literaturforum Leselampe
Zeilenweise Frauenfeld / Mehr Frauen als Antworten
Es ist ein konzises Panorama unserer Gegenwart, das Zsuzsanna Gahse in "Zeilenweise Frauenfeld" entwirft. Aus feinen Beobachtungen montiert die Erzählerin als "verdeckte Ermittlerin" die Welt von Frauenfeld, einer Stadt im Nordosten der Schweiz: Dort wohnen seit Kurzem Manu, Sam, Lucian und auch die Erzählerin. Die vier beobachten Passantinnen und fassen, was sie sehen, zu kurzen Portraits zusammen. Den gegenwärtigen Frauen stehen Frauenfiguren aus vergangenen Zeiten an der Seite und geraten wiederholt in Demonstrationen von Frauengruppen. Dann stolpert eine Frau, eine andere stürzt, bleibt liegen und wird vom Krankenwagen ins Spital gebracht. Solche Stürze häufen sich und ein Frauenfeld-Krimi nimmt zusehends Konturen an. So verknüpft Zsuzsanna Gahse ihre gewitzte Feldstudie zu Frauenfeld mit dem Genre des Kriminalfilms.
Margret Kreidl wiederum nimmt Erinnerungen, Träume, Bücher, Bilder, Schlagzeilen, Wetterberichte zum Anlass und als Material für ihre Gedichte. So kommt die Autorin von der Familiencouch zum Rasenkorridor, von der Aschekiste zur Wolkenschachtel oder vom ukrainischen Baumwollstilzchen zum Buddha am Bodensee. Frau Doktor Winnetou tritt auf und die Tochter von James Joyce. Das Lob der Reibefrucht wird gesungen, auf einer Ansichtskarte wird getanzt. Es gibt die blaue Vernunft und Fragen im Dunkeln. Und es gibt am Ende mehr Frauen als Antworten. Der Vielzahl von Frauen und Fragen entsprechend variiert auch der Ton der Gedichte - und schließlich bekommt jedes auch noch eine Fußnote.
Zsuzsanna Gahse, geb. 1946 in Budapest, aufgewachsen in Wien und Kassel, wohnt in Müllheim, Schweiz. Zahlreiche Preise, u. a. Adelbert-von-Chamisso-Preis (2006), Italo-Svevo-Preis (2017), Schweizer Grand Prix Literatur (2019).
Margret Kreidl, geboren 1964 in Salzburg, lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Theaterstücke, Hörspiele, Prosa, Gedichte. Auszeichnungen u.a.: Reinhard Priessnitz Preis (1994) und Preis der Stadt Wien für Literatur (2021).
"Zeilenweise Frauenfeld" und "Mehr Frauen als Antworten" sind in der Edition Korrespondenzen erschienen.